Psychische Krisen bei Beziehungs- und Persönlichkeitsstörungen

„Ich habe mein Leben bisher gut gemeistert und mir ist bis jetzt alles gelungen“.

„Ich liebe es, wenn das Leben aufregend ist.“

„Ich habe eine gute Beziehung, ohne die ich nicht leben könnte.“

„Ich werde von allen beachtet und das ist mir wichtig.“

„Ich finde, dass Struktur und Ordnung wichtig sind.“

In diesen Aussagen drücken sich allgemein für jeden Menschen gültige Grundbedürfnisse aus. Das heißt, Werte und Verhaltensweisen, die fest in unserem menschlichen Erleben verankert sind und der Beziehungsgestaltung und insgesamt dem Überleben dienen.

Deshalb ist es wichtig, dass wir Menschen uns an diesen Grundbedürfnissen nach Kontrolle, Bindung, körperlichem Wohlbefinden, Autonomie und Selbstwert orientieren. Vor allem in der Kindheit sollten diese Bedürfnisse durch andere Personen erfüllt werden, damit wir lernen, sie im Erwachsenenalter selbst zu erfüllen.

Je nach Erfahrungen in den frühen Jahren lernen Kinder, ihre natürlichen persönlichen Fähigkeiten an die Umwelt anzupassen bzw. sich gegen die Bedingungen aufzulehnen (was deutlich seltener vorkommt, da Kinder auf ihre Beziehungspersonen angewiesen sind). Aus der eigenen Persönlichkeit des Kindes und den Rückmeldungen der Umwelt entwickelt sich eine charakteristische Persönlichkeitsstruktur, die je nach Erfahrungen flexibel oder unflexibel auf Reize wie Erwartungen der Umgebung bzgl. der Gedanken, Gefühlen und Gestaltung der zwischenmenschlichen Beziehungen reagieren kann.

Menschen mit unflexiblen Persönlichkeitsstilen können in Krisensituationen weniger auf andere Handlungsalternativen zurückgreifen und kommen in einen inneren Konflikt. Sie entwickeln evtl. Depressionen oder Ängste, geraten ins „Burnout“ (der gewissenhafte Stil), fühlen sich von anderen immer wieder enttäuscht (der sensible Stil), haben viele körperliche Symptome, für die es keine wirkliche Heilung gibt, oder sind durch Kränkungen (Trennung von Partnern, Krisen am Arbeitsplatz) in eine aktuelle existenzielle Krise geraten (narzisstischer Stil).

Dann wird viel Energie dafür aufgewendet, die Umwelt so zu gestalten, dass wieder der Status quo einkehren möge, was manchmal nicht gelingen mag. Manchmal erkennen die Menschen eine tiefe innere Leere, die sie bisher durch ihr berufliches Engagement nicht wahrgenommen haben, oder sie erkennen wiederkehrende Muster, die Kosten auf der sozialen Ebene verursachen (Distanzierung von Freunden).

Persönlichkeitsstile sind allgemein menschliche Verhaltens- und Erlebensweisen auf einem Kontinuum mit unterschiedlicher Ausprägung. Menschen kommen oft nicht wegen ihrer Persönlichkeit in die Therapie, da sie die extreme Ausprägung meist selbst nicht merken und ihr Leben im allgemeinen – von ihrer Perspektive aus gesehen – nicht anders gelebt werden kann.

nach Schmitz/Schuhler/Handke-Raubach/Jung:

Im gewissenhaften Persönlichkeitsstil (ICD-10 zwanghafte Persönlichkeitsstruktur) zeichnen sich der Wille, das Richtige zu tun und hohe Ansprüche an sich und andere zu haben, perfekt und bis ins letzte Detail durchgeplant zu sein, ab. Die Entwicklungsmöglichkeit besteht darin, Gelassenheit, Genuss- und Entspannungsfähigkeit zu erweitern. Menschen mit dramatischen Persönlichkeitsstil (ICD-10 histrionische Persönlichkeitsstuktur) sind empfindungsorientiert, zeigen ihre Gefühle offen und wechseln ihre Stimmungen schnell. Sie erleben das Leben intensiv und überschwänglich. In der Wahrnehmungsschulung der körperlichen, gedanklichen und emotionalen Reaktionen und in der Konfliktfähigkeit liegt ihr Entwicklungspotential. Der selbstbewusste Persönlichkeitsstil (ICD-10 narzisstische Persönlichkeitsstruktur) findet sich bei begabten Führungspersönlichkeiten, die oft im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stehen. Sie wissen, was sie wollen, sind energisch und effizient und können andere für die eigene Ziele begeistern. Entwicklungsfelder können die Erweiterung des Einfühlungsvermögens in andere sein sowie die Förderung der Kooperationsbereitschaft und Umgang mit Kritik. Menschen mit einem sensiblen Persönlichkeitsstil (ICD-10 selbstunsichere Persönlichkeitsstruktur) sind mit Freunden und der Familie eng verbunden, sie sind umsichtig und taktvoll, fällen keine vorschnellen Entscheidungen und sind allgemein liebenswürdig. Zu entwickelnde Fähigkeiten sind Durchsetzungsvermögen und annehmen von positiven inneren Ressourcen, sowie der Ausdruck der eigenen Gefühle.

Im stationären therapeutischen Rahmen in der Psychosomatischen Privatklinik Bad Grönenbach wird erkundet, innerhalb welcher Situationen die Herausbildung dieser persönlichen spezifischen Bewältigungsstrategie einmal hilfreich und sinnvoll war, um sie als Lebensstrategie zu entwickeln und beizubehalten. Es wird in der Therapie hinterfragt, wozu und für welche Situationen diese Schemata heute weiterhin hilfreich und unterstützend sind. Die Einschränkungen, die diese Schemata bedeuten und welche Kosten (im beruflichen und sozialen Umfeld) sie bei sich und anderen verursachen, werden erforscht. Mit Unterstützung verschiedener therapeutischer Verfahren können innere Anteile erkannt und ihr Zusammenspiel erkundet werden. Dadurch kann eine Sinnhaftigkeit erfahren und Einstellungsänderungen entwickelt und eingeübt werden. Die Gemeinschaft der Mitpatientinnen und -patienten innerhalb der Klinik ist ein guter Resonanzboden für das Klangspiel des Einzelnen.